Lektion 3

Im Kern der SUAVE-Architektur

In diesem Modul analysieren wir die Hintergründe von SUAVE, beleuchten seine grundlegende Architektur und erläutern, weshalb SUAVE einen vollkommen neuen Ansatz für die Verwaltung von Order-Flow und MEV bietet.

Neu denken, wie Ausführung funktioniert: Die Designphilosophie von SUAVE

Um MEV an der Wurzel zu bekämpfen, hat Flashbots SUAVE entwickelt – das steht für „Single Unifying Auction for Value Expression“. SUAVE ist weit mehr als bloß eine Erweiterung von Ethereum oder ein neuer Relayer; es handelt sich um eine chain-agnostische Ausführungsschicht, die gezielt entwickelt wurde, um die Blockerstellung zu dezentralisieren, Nutzerintentionen abzusichern und Auktionen über alle Blockchains hinweg zu orchestrieren.

Im Kern beruht SUAVE auf der Erkenntnis, dass aktuelle Blockchain-Architekturen Ausführung, Transaktionsreihenfolge und Konsens eng miteinander verknüpfen. Dieses Modell bringt zwar Einfachheit mit sich, führt aber auch zu einer Machtkonzentration und eröffnet privilegierten Intermediären die Möglichkeit, auf Kosten der Nutzer Werte abzuschöpfen. SUAVE setzt auf Entflechtung: Blockerstellung, Transaktionsreihenfolge und Wertausdruck werden voneinander getrennt und in einer modularen, programmierbaren Umgebung ausgeführt.

Im Gegensatz zu öffentlichen Mempools, die Transaktionen für Frontrunning und Arbitrage offenlegen, bietet SUAVE einen vertraulichen Vor-Chain-Bereich, in dem Transaktionen verschlüsselt, Intentionen privat geäußert werden können und Solver fair um deren Ausführung konkurrieren können. Ziel ist nicht, bestehende Chains zu ersetzen, sondern sie zu ergänzen. SUAVE arbeitet parallel zu anderen Chains und übernimmt die sensible Logik für Orderausdruck und -inklusion, bevor Transaktionen zur endgültigen Abwicklung an eine Basisschicht übergeben werden.

Diese Trennung eröffnet einen völlig neuen Gestaltungsspielraum. Bei SUAVE ist der Auktionsprozess nicht nachgelagert, sondern das zentrale Organisationsprinzip. Jede Transaktion gilt als Wertäußerung und gelangt in eine universelle Auktion, die darüber entscheidet, wie, wann und durch wen sie ausgeführt wird.

Die drei Grundpfeiler von SUAVE

Die Architektur von SUAVE besteht aus drei zentralen Komponenten: der Membrane, der Privacy Layer und der Universal Auction. Jede Ebene erfüllt eine eigenständige Funktion. Zusammengenommen ermöglichen sie eine konsistente Architektur, mit der Nutzertransaktionen domänenübergreifend abgesichert, geroutet und ausgeführt werden können.

Die Membrane bildet die Schnittstelle zwischen SUAVE und externen Chains. Sie ermöglicht es SUAVE, Order-Flows von jeder Wallet, Anwendung oder jedem Protokoll aufzunehmen – unabhängig von der jeweiligen Basischain. Die Membrane fungiert als Gatekeeper und Router, leitet eingehende Intentionen auf den passenden Ausführungspfad und stellt sicher, dass Orders aus verschiedenen Chains konsistent verarbeitet und mit Finalitätsgarantie beantwortet werden.

Die Privacy Layer ist für Verschlüsselung und sichere Berechnungen zuständig, die notwendig sind, damit keine Details des Order-Flows nach außen dringen. In klassischen Systemen sind Transaktionsinhalte bereits vor der Ausführung sichtbar, was Dritten Frontrunning oder Sandwich-Angriffe erlaubt. SUAVE unterbindet diese Risiken, indem Transaktionsdaten verschlüsselt und sensible Berechnungen in sicheren Umgebungen wie Trusted Execution Environments oder Zero-Knowledge-Protokollen durchgeführt werden. So bleibt Nutzerintention bis nach der Einschleusung privat, Fairness wird gesichert, ohne dass auf Komponierbarkeit verzichtet werden muss.

Die Universal Auction bildet das zentrale Koordinationsmittel von SUAVE. Sie entscheidet, wie Orders gematcht, priorisiert und zugewiesen werden. Anders als bei herkömmlichen Blockchains, bei denen die Aufnahme durch Gasgebühren oder die Entscheidung von Validatoren gesteuert wird, setzt SUAVE auf eine gemeinsame Auktionsschicht. Hier konkurrieren Solver – also diejenigen, die Nutzerintentionen erfüllen – um bestmögliche Ausführung. Die Auktion ist programmierbar, sodass Anwendungen eigene Preismodelle, Sortierungslogiken oder Prioritätsregeln definieren können. Dadurch erhalten Nutzer eine aktive Rolle: Sie werden zu Anbietern ihres eigenen Order-Flows.

Das MEVM: Die Ausführungsumgebung von SUAVE

Im Zentrum von SUAVE steht das MEVM, die „Maximal Extractable Value Machine“ – eine virtuelle Maschine, die speziell auf Wertausdruck zugeschnitten ist. Das MEVM ist eine universelle, programmierbare Umgebung, in der Order-Flow-Logik bereits vor der Blockaufnahme ausgeführt wird. Entwickler können dort eigene Auktionsmechanismen, Solver-Prüfroutinen und datenschutzgerechte Routing-Algorithmen implementieren.

Im Unterschied zu traditionellen virtuellen Maschinen wie der EVM, die auf Transaktionsausführung und Statusübergänge fokussiert sind, ist das MEVM für Off-Chain-Berechnungen, Matching und verschlüsselungsbewusste Abläufe optimiert. Dadurch können Solver und Builder in einer neutralen, durch festgelegte Regeln gesteuerten Umgebung arbeiten und sich auf offene Audits verlassen.

Dieses Ausführungsmodell schafft eine völlig neue Anwendungsklasse: Value Router. Das sind dezentrale Services, die verschlüsselte Order-Flows empfangen, optimale Ausführungspfade berechnen und Abwicklungsanweisungen zurückgeben. Solche Router können etwa auf das Routing von Trades zwischen AMMs, gebündelte NFT-Auktionen oder die Optimierung von Liquidationen über Kreditprotokolle spezialisiert sein. All das lässt sich im MEVM abbilden – mit maximaler Flexibilität und ohne Sicherheitsabstriche.

Chain-agnostische Koordination und Abwicklung

Eine der herausragendsten Innovationen von SUAVE ist die Fähigkeit, unabhängig von jeder Layer-1- oder Layer-2-Chain zu agieren. SUAVE wickelt Transaktionen nicht selbst ab, sondern bündelt Ausführungsergebnisse und leitet sie zur Finalisierung an andere Chains weiter. Dadurch kann SUAVE als gemeinsame Order-Flow-Schicht für zahlreiche Chains gleichzeitig dienen – etwa Ethereum, Arbitrum, Optimism, Solana und viele weitere.

Da die Ausführung off-chain koordiniert und on-chain abgewickelt wird, senkt SUAVE Latenz und sorgt für weniger Überlastung der Basisschichten. Zudem ermöglicht dies domänenübergreifende Arbitrage und Intent-Erfüllung. Beispielsweise kann ein Nutzer angeben, auf Ethereum Tokens zu tauschen und mit dem Erlös auf Arbitrum ein NFT zu kaufen – die gesamte Logik läuft zentral in SUAVE und wird anschließend über die jeweiligen Basischains finalisiert.

Die chain-agnostische Ausrichtung von SUAVE erhöht auch die Ausfallsicherheit. Sollte auf einer Basiskette eine Überlastung oder ein Ausfall auftreten, kann SUAVE die Ausführung umleiten oder verzögern, ohne dass Nutzer neuen MEV-Risiken ausgesetzt werden. Das System sorgt dafür, dass Nutzerintentionen gewahrt bleiben und Abwicklungen nur unter günstigen Bedingungen stattfinden.

Eine faire und transparente MEV-Ökonomie ermöglichen

SUAVE will MEV nicht komplett unterdrücken, sondern auf transparente und gerechte Weise einen offenen MEV-Markt schaffen. In SUAVE wird Wert nicht abgeschöpft, sondern in programmierbaren Auktionen zum Ausdruck gebracht. Solver konkurrieren um Order-Flows, indem sie Nutzern Rabatte, optimiertes Routing oder Bündeldienste anbieten. Nutzer behalten vollständige Kontrolle über ihre Transaktionspräferenzen und können gezielt Preis, Geschwindigkeit, Datenschutz oder andere Parameter priorisieren.

Davon profitieren sämtliche Marktteilnehmer: Nutzer erhalten bessere Ausführung und optional MEV-Rabatte; Solver profitieren von strukturiertem und planbarem Order-Flow; Builder können Blöcke aus verschlüsselten Paketen erstellen – ohne Zensur oder Datenlecks zu befürchten. Validatoren erhalten fertige Blöcke aus einem dezentralen Netzwerk, ohne selbst Wert extrahieren zu müssen.

Darüber hinaus eröffnet SUAVE völlig neue Möglichkeiten für Reputations- und Governance-Systeme. Solver, die konstant hohe Ausführungsqualität liefern, können Vertrauenspunkte erwerben, die sich auf künftige Auktionsergebnisse auswirken. Communities könnten die Regeln für Wertausdruck, Blacklists, Solver-Anreize und Routing-Protokolle selbst festlegen.

Fortschritt und Integration ins Ökosystem

Im Jahr 2025 befindet sich SUAVE in aktiver Entwicklung und mehrere Komponenten stehen zum Test bereit. Flashbots hat frühe Versionen der Membrane-Schnittstelle sowie der MEVM-Entwicklungsumgebung unter dem Namen „Centauri“ im Devnet veröffentlicht. Mehrere Wallets und dApps haben bereits begonnen, SUAVE-Hooks zu integrieren, sodass Nutzer Orders über SUAVE statt die klassischen Mempools routen können.

Das System ist rückwärtskompatibel gestaltet. Bestehende Protokolle müssen ihre Smart Contracts nicht neu schreiben, um die Datenschutz- und Fairnessfunktionalitäten von SUAVE zu nutzen. Stattdessen können sie einfach die Membrane anbinden oder Value Router programmieren, die mit dem MEVM kommunizieren. Durch die modulare Architektur können immer mehr Teilnehmer schrittweise eingebunden werden, sodass die Vorteile im Laufe der Zeit anwachsen.

Die Integration mit Ethereums Proposer-Builder Separation (PBS), dem Shared-Security-Modell von EigenLayer und Cross-Domain-Bridge-Protokollen wird aktuell vorangetrieben. Damit kann SUAVE parallel zu anderen MEV-Mitigationsstrategien betrieben werden und bietet zugleich einen Upgrade-Pfad für eine vollständig MEV-resistente Infrastruktur.

Haftungsausschluss
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